darüber nachgedacht
Auf dieser Seite finden Sie Texte über Themen, die mich beschäftigen, über die ich nachgedacht habe. Vielleicht inspirieren Sie meine Gedanken, aber auf jeden Fall geben sie Ihnen Einblick in die Art und Weise, wie ich die Welt sehe und erfahre.
Chur, 16. August 2021
Übergänge
Wenn das Ticken der Uhr, wieder einmal das Zeitliche segnet…
Dieser Satz stand vor 30 Jahren einmal am Anfang eines Textes von mir. Den Text gibt es nicht mehr, aber dieser Satz hat überlebt und taucht immer wieder in meinen Gedanken auf.
Es ist das Paradoxe darin, was mich fasziniert und ich frage mich, wann kann ich dieses Sperrige, Gegensätzliche bewusst wahrnehmen?
Das Ticken der Uhr, heisst, dass die Zeit fliesst, Sekunde um Sekunde vergeht sie und kommt nicht mehr zurück. Und dann ist da das Zeitliche, also das was immer währt, darum auch zeitlos ist. Die Ewigkeit, die in menschlichem Ermessen nicht messbar ist.
Ich weiss noch, als mir dieser Satz zugeflogen ist, sass ich in der Stube auf dem Sofa. Es war ganz still und ich war wohl in etwas gedrückter Stimmung, aber auch völlig entspannt.
Der Liebe wegen bin ich von St. Gallen nach Chur gezogen, ich musste mich in einer neuen Stadt zurechtfinden, einen neuen Freundeskreis aufbauen und eine Arbeit finden. Ich bin nach 3 Jahren Singlehaushalt wieder mit meinem Freund zusammengezogen.
Ich habe das Ticken gehört, weil ich innehalten musste, um zu realisieren, was da gerade alles im Wandel ist und einen neuen Platz finden muss. Dieses Innehalten ist die Sekunde Ewigkeit im Augenblick, dieses Alles und Nichts.
Ich kann das Ticken einer Uhr nur hören, wenn es im Raum still ist, keine Ablenkung da ist. Diese Stille ist ein Segen, weil sie mich mit dem Zeitlichen, dem Ewigen verbindet.
In dieser Stille öffnet sich der Zugang zu meiner Herzensmitte, wo ich die Inspiration für mein Leben erhalte. Da warten die Antworten auf meine Fragen.
In Zeiten der Übergänge ist es deshalb umso wichtiger innezuhalten, um das Ticken der Uhr zu hören und den Segen zu empfangen.
Das Ticken der Uhr, die das Zeitliche segnet ist eine Konstante, ob wir es wahrnehmen oder nicht. Im täglichen Allerlei hören wir es kaum, diese liebevolle Erinnerung auf unsere innere Stimme zu hören. Erst wenn es alarmierend laut wird um uns, weil die Gefühle überborden, die Gedanken explodieren, der Körper versagt, wenn das Zeitliche laut an unser Bewusstsein hämmert, dann werden wir in diese Stille geworfen.
Diese unfreiwillige Stille wird zur Ohnmacht. Es braucht ungeheur viel Kraft sich in dieser Ohnmacht zu orientieren, seinen Körper wieder zu spüren, die Gedanken zu sortieren und die Gefühle einzupendeln. Ein Glück, wenn sich dann jemand im Leben zeigt, der einen an der Hand nimmt und hilft in Gleichmut auf sich selbst zu hören.
In achtsamer Begleitung gelingt es, die bedrohliche Ohnmacht in heilsame Stille zu wandeln.
Übergänge begleiten uns durch das Leben im Kleinen wie im Grossen. Oft haben wir nur die grossen Geschichten im Sinn: Kindheit, Schulzeit, Pubertät, Partner- und Berufswahl, Wohnort- und Arbeitswechsel, Krankheit, Verlust und Tod. Und natürlich ist es hilfreich diese Lebensveränderungen bewusst wahrzunehmen, sich einzustimmen und sie zu gestalten.
Aber wie im Grossen so im Kleinen. Achten wir auf die alltäglichen Übergänge! Jedes Einschlafen und jedes Aufwachen markiert einen Übergang, zur Arbeit gehen und wieder nach Hause kommen, sich mit Menschen treffen und wieder allein sein. Gerade in diesen alltäglichen Begebenheiten können sich unbewusste Gefühle und Gedanken ansammeln und sich dann in irgendeiner Form früher oder später vermeintlich überraschend zeigen.
Je achtsamer wir in diesen alltäglichen Übergängen sein können, desto besser wird es uns gelingen, innezuhalten und zu hören wie das Ticken der Uhr, wieder einmal das Zeitliche segnet.
darüber nachgedacht...
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